Für die meisten amerikanischen Kinder ist Fremdbetreuung heute ein Teil ihres Lebens. Von den ersten Lebensmonaten bis zu dem Zeitpunkt, wo sie alt genug sind, um nach der Schule selbst für sich zu sorgen, verbringen mehr und mehr Kinder immer mehr Zeit in der Obhut eines anderen Erwachsenen als den Eltern, in irgendeiner Form der Tagesbetreuung oder in einem frühkindlichen Förderprogramm. Derzeit werden etwa 60% der amerikanischen Kinder im Vorschulalter fremdbetreut: Rund die Hälfte besucht eine Tageseinrichtung; die Übrigen sind in Tagespflege (zu Hause oder in der Wohnung der Pflegeperson), bei einer Tante, bei einer Großmutter oder einem Kindermädchen.
Trotz ihrer großen und zunehmenden Verbreitung ist die Fremdbetreuung in den Vereinigten Staaten widersprüchlich und desorganisiert. Sie variiert extrem von Bundesstaat zu Bundesstaat und von Familie zu Familie - mit einer Bandbreite von höchster Qualität bis zum Unerträglichen. Diese Unterschiedlichkeit in der Qualität von Fremdbetreuung ist größtenteils das Ergebnis des mangelnden Engagements der Bundesregierung. In den 60er Jahren, als die Zahl der erwerbstätigen Mütter rapide zuzunehmen begann, war die Regierung aktiv an der Regelung der Kinderbetreuung beteiligt. Sie finanzierte eine Vielzahl von Programmen und verabschiedete Vorschriften für sie. Im Jahr 1968 wurden durch die "Federal Interagency Day Care Requirements" die Standards für die Ausbildung des Personals, Sicherheit und sanitäre Einrichtungen, Gesundheitspflege und Ernährung, erzieherische und soziale Dienste, Elternarbeit, das Verhältnis von Kindern pro Erwachsenem (3 : 1 bei Säuglingen, 5 : 1 bei Zwei- und Dreijährigen, 7 : 1 bei Vierjährigen) und die Gruppengröße (maximal 10 Kinder unter drei, 16 Dreijährige oder 20 Vierjährige) vereinheitlicht. Diese Regelungen wurden nicht strikt durchgesetzt, aber zumindest mit Nachdruck empfohlen. Als jedoch die Republikanische Partei an die Macht kam, kümmerte sich die Bundesregierung immer weniger um soziale Programme, einschließlich der Fremdbetreuung. Unter Präsident Nixon wurden 1975 die Regelungen betreffs der Höchstzahl von Kindern pro Erwachsenem ausgesetzt. Und 1981 wurden unter Präsident Reagan die Standards gänzlich abgeschafft und die Bundesstaaten dafür verantwortlich gemacht, ihre eigenen Kinderbetreuungsprogramme zu regeln und zu überwachen.
Heute wird Fremdbetreuung überwiegend vom Privatsektor angeboten und von den Bundesstaaten und Kommunen überwacht. Die meisten Länder haben von sich aus die Elternbeiträge erhöht, Dienste abgebaut, die Standards verschlechtert, Regelungen weniger streng und konsequent durchgesetzt sowie die Vorschriften auf immer weniger Einrichtungen beschränkt (z.B. auf solche, die keinen kirchlichen Träger haben und länger als halbtags geöffnet sind). Dies hat zu einem Rückgang in der Qualität vorhandener Betreuungsangebote geführt, insbesondere bei solchen für Eltern mit niedrigem oder mittlerem Einkommen, da der Qualitätsgrad sehr stark von den staatlichen oder örtlichen Vorschriften für die Anerkennung abhängt (Hofferth et al. 1991; Kisker/ Hofferth/ Phillips 1990). Es zeigt sich, dass die Qualität der Fremdbetreuung nur so gut ist, wie es das Gesetz verlangt; wenn eine hohe Qualität nicht vorgesehen ist, stellt sie sich nicht ein. In den Bundesstaaten mit den besten Standards sind die Lehrkräfte heute über die kindliche Entwicklung ausgebildet, und das Verhältnis zwischen Personal und Kindern beträgt 1 : 3 bei Säuglingen und 1 : 5 bei Vierjährigen. In den Ländern mit den niedrigsten Standards haben die Lehrer die "High School" absolviert, und die Relation zwischen Erwachsenen und Kindern ist 1 : 7 bei Säuglingen und 1 : 20 bei Vierjährigen. Im Durchschnitt kommen in amerikanischen Kindertageseinrichtungen zehn Kinder auf einen Erwachsenen; die durchschnittliche Klassengröße liegt bei 17 Kindern (Hofferth et al. 1991; Kisker/ Hofferth/ Phillips 1990)
Wassilios E. Fthenakis/ Martin R. Textor (Hrsg.): Qualität von Kinderbetreuung: Konzepte, Forschungsergebnisse, internationaler Vergleich. Weinheim: Beltz 1998, S. 148-160
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