Gerlinde Forstner, geboren 1975, absolvierte 2007 die Ausbildung zur Tagesmutter. Sie machte sich binnen kürzester Zeit bekannt und war viele Jahre gut mit der Tagesbetreuung von Kindern zwischen 0 und 16 Jahren beschäftigt.
Nach ein paar Jahren wurde sie zudem Hospitationstagesmutter und konnte so Tageseltern bei der Ausbildung mit Rat und Tat zur Seite stehen. 2020 entschied sie sich für eine zusätzliche Aufschulung zur Kinderbetreuerin und konnte diese erfolgreich abschließen.
Kurz danach ergab es sich innerhalb des Hilfswerks, dass in manchen Kinderbetreuungseinrichtungen Springerinnen gesucht wurden. Als Fachberaterin für das Waldviertel sah ich Gerlinde als geeignet für diesen Job und so ergab Eines das Andere: seit 2021 ist Gerlinde sowohl als Kinderbetreuerin in der Kinderbetreuungseinrichtung in Thaya als auch im eigenen Haushalt als Tagesmutter tätig.
Wie sie diesen Spagat zwischen zwei unterschiedlichen Strukturen in der Kinderbetreuung meistert, interessierte mich als Fachberaterin. Ich traf Gerlinde zum Interview, um Gemeinsamkeiten und Unterschiede näher zu beleuchten.
1. Warum bist du im Kinderbetreuungsbereich tätig?
Ich wollte nach der Schule Kindergärtnerin werden. Das ging nicht, aus finanziellen Gründen und weil wir eine Wirtschaft daheim hatten. Daher konnte ich nicht die ganze Woche weg sein, in der Kindergartenschule. So lernte ich Schneiderin, was ich auch gerne machte. Nach der Geburt meiner eigenen Kinder wollte ich möglichst lange bei ihnen daheim bleiben und darum absolvierte ich die Ausbildung zur Tagesmutter.
2. Was hat dich dazu veranlasst, die Ausbildung zur Kinderbetreuerin zu machen?
In meiner selbständigen Tätigkeit als Tagesmutter habe ich schwankende Einnahmen. Ich hatte früher so viele Tageskinder, dass sich die Ausbildung gar nicht ausgegangen wäre. In einer Zeit, in der ich weniger Kinder betreute, konnte ich die Ausbildung zur Kinderbetreuerin absolvieren. Die Motivation war ein zusätzlicher Job im Angestelltenverhältnis - neben meiner Tagesmuttertätigkeit.
3. Wie schwierig war es, einen Job zu finden? Wie viele Stunden bist du angestellt?
Die Mitarbeiterinnen des Hilfswerks kamen auf mich zu. Ich hatte mich in einer anderen Kinderbetreuungseinrichtung (KBE) beworben, daraus wurde nichts. Im Hilfswerk wurden Springerinnen für eine KBE gesucht. Die Regionalleiterin fragte bei der Fachberaterin nach, welche Tagesmutter passen könnte und so kam es dazu, dass ich rasch für zwölf Wochenstunden im "Kükennest" angestellt wurde. Ich arbeite dort einen ganzen und einen halben Tag nachmittags.
4. Wie kannst du die beiden Tätigkeiten zeitlich vereinbaren?
Die Organisation (Termine, Verschieben der Betreuungszeiten etc.) bin ich als Tagesmutter gewöhnt. Mit Hilfe der Eltern ist das im Zuge einer guten Kooperation auch meist lösbar und machbar. Verschiebungen finden bei der Tagesmuttertätigkeit immer wieder statt. In der KBE sind die Betreuungszeiten meist für das ganze Schuljahr fix.
5. Was sagen die Eltern deiner Tageskinder dazu?
Die richten sich nach meinen Kapazitäten als Tagesmutter. Wenn ich beispielsweise schon die Anzahl der Tageskinder an einem Tag erreicht habe, die zeitgleich anwesend sein dürfen ("4-er Regel" für Kinder, die noch nicht die Schule besuchen), dann kann ich kein weiteres Kind mehr dazu nehmen. Mit meinen bestehenden Kundinnen und Kunden habe ich den fixen Tag in der KBE vorher besprochen – ob es möglich ist, dass die Kinder an einem anderen Tag zu mir kommen. Die Eltern sind meist sehr kooperativ.
6. Wieso klappt das mit den Eltern deiner Tageskinder und worauf führst du das zurück?
Ich bin offen, ehrlich und so flexibel wie möglich.
7. Was sind die hauptsächlichen Unterschiede zwischen den beiden Strukturen?
In der KBE gibt es auch aufgrund der Gruppengröße mehr Struktur und mehr Rituale, während in der Tagesmuttertätigkeit mehr Zeit für freies Spiel bleibt. Auch werden Themenbereiche in der KBE sehr intensiv oder über einen längeren Zeitraum bearbeitet. In der Tagesmuttertätigkeit gibt es natürlich ebenso Themengebiete, aber eher über kürzere Zeiträume.
Unterschiede nehme ich in Bezug auf die Eingewöhnung und das Eingehen auf individuelle Bedürfnisse des Kindes wahr. Als Tagesmutter kann ich sehr individuell auf Kinder eingehen, da die Gruppengröße sehr klein ist. Auch kann ich mir die Eingewöhnung gut einteilen, sodass immer nur ein Kind gleichzeitig eingewöhnt wird, auch wenn das Kind mehr Zeit braucht.
In meiner Tätigkeit als Angestellte sehe ich die Vorteile des 13. und 14. Gehalts sowie die Sozialversicherung, die "inkludiert" ist. Der Stundenlohn bleibt gleich, unabhängig davon, wie viele Kinder anwesend sind. Bei der selbständigen Tätigkeit als Tagesmutter sind meine Einkünfte von der Anzahl der Kinder, die ich betreue, abhängig. Wenn ich krank oder auf Urlaub bin, habe ich zu dieser Zeit kein Einkommen.
Ein Vorteil der Selbständigkeit ist aber die Flexibilität und dass ich bei der Urlaubsplanung auf niemanden Rücksicht nehmen muss. Ich kann großteils selbst entscheiden, von wann bis wann ich Kinder betreue oder ob ich mir einen freien Vormittag einteile.
In meiner Tätigkeit als Tagesmutter kann ich auch neben den Kindern kleine haushalterische Aufgaben erledigen wie beispielsweise die Waschmaschine einzuschalten. Ich kann die Kinder gut in den Haushalt miteinbeziehen. Auch kurze Telefonate (für Terminvereinbarungen o.Ä.) sind möglich; in der Einrichtung schaut es in Bezug auf diese Bereiche anders aus.
Die Flexibilität bei der Tagesmuttertätigkeit bringt große Vorteile mit sich. Ich kann entscheiden, wann es Jause und Mittagessen gibt und Eltern auch Betreuung früh am Morgen oder bis spät am Abend anbieten. In der KBE sind Veränderungen in den Betreuungszeiten nur mit Vorlaufzeiten und eingeschränkter möglich.
Eine Sache ist schwierig: Wenn ich sehe, dass das Kind nicht in eine KBE passt, sondern eher zu einer Tagesmutter oder umgekehrt.
8. Was ist der gemeinsame Nenner beider Tätigkeiten?
Das Wohl der Kinder!
9. Wie schaffst du es, beide Tätigkeiten parallel auszuüben?
Ich finde den Gegensatz interessant.
10. Welche Vorteile ergeben sich aus einem Bereich für den anderen bezogen auf die praktische Umsetzung?
Ja, da gibt es einige Vorteile. Beispielsweise kann ich die Ideen der Pädagogin in der KBE für meine Tageskinder übernehmen und gleichzeitig kann ich meine lange Erfahrung in die Arbeit in der KBE einfließen lassen. Partnerschaftlich. Die Bereiche ergänzen sich gegenseitig. Materialien, die jahreszeitbedingt in der KBE übrigbleiben, darf ich mir manchmal auch mit nach Hause nehmen. Umgekehrt kann ich Spiele für größere Kinder, die zum Teil auch in der KBE betreut werden, von mir zu Hause mitnehmen und herborgen. Bastelmaterial wird Hand in Hand getauscht.
11. Hast du als Tagesmutter Kinder, die du auch in der KBE betreust?
Nein.
12. Wenn du dich entscheiden müsstest…
Wenn ich wenige Tageskinder hätte, für die KBE. Wenn ich mehr Tageskinder hätte, weiß ich es nicht.
Vielen Dank für das Interview!
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