Nach 32 Jahren Tätigkeit, geht Rosa Pichler in den verdienten Ruhestand. Aber wer Rosi kennt der weiß, sehr ruhig wird es nicht werden!
Das Haus von Rosi Pichler und ihrer Familie, hoch über der Braustadt Zwettl, ist schon mit viel Leben gefüllt, als ich um 8:30 eintreffe. Die ersten drei Tageskinder, unter ihnen zwei Schulkinder, die coronabedingt keinen Schultag haben, spielen im Wohnzimmer und Rosis jüngste Tochter Lisa ist auch zu Besuch. Strahlend erzählt Rosi, wie besonders liebe Tageskinder sie jetzt gerade in Betreuung hat – aber das sagt sie schon seit 32 Jahren…
Zwei weitere Tageskinder kommen und jetzt scheint Rosi komplett zufrieden. Wir sitzen im gemütlichen Wintergarten bei Kaffee und frischem Kokos-Kuchen und Rosi beantwortet mit der ihr eigenen Geduld meine Fragen gleichzeitig mit allen Anliegen der Kinder.
Rosi wuchs in Zwettl in einer Großfamilie mit 6 Geschwistern auf. Ihr Berufswunsch war Kindergartenpädagogin, aber das „ist leider am Singen gescheitert“. Stattdessen absolvierte sie die Fachschule für Sozialberufe in Wien und wurde danach diplomierte Behinderten- Pädagogin. Während ihrer Ausbildung in Gallneukirchen lernte sie ihren späteren Ehemann Hermann kennen. 1981 wurde geheiratet, es folgten der Umzug nach Zwettl und die vier Kinder Peter, Eva, Martin und Lisa. Inzwischen ist Rosi sogar schon 4-fache Großmutter!
Den Plan, Tagesmutter zu werden, fasste Rosi, da ihre beiden älteren Kinder immer die Gesellschaft anderer Kinder suchten und gerne nach dem Kindergarten oder der Schule Freunde einluden. Zeitgleich las sie in der Zeitung einen Aufruf des Hilfswerk NÖ, dass in Zwettl Tagesmütter gesucht würden. Rosi bewarb sich und begann mit der 10-monatigen Ausbildung. Dies bedeutete damals, einmal pro Monat ein Praxisseminar am Freitagabend in Krems bei der Fachberaterin Andrea Peter zu besuchen und am darauf folgenden Samstag ein Ganztagsseminar in Wien.
Rosi bereute diese langen Wege aber nie, da sie immer an allen pädagogischen Themen sehr interessiert war. Gemeinsam mit unserer unvergesslichen Einsatzleiterin Hermi Kreuzer, baute sie dann die Tagesmuttergruppe des Hilfswerk in Zwettl auf. Zusätzlich leitete sie das „Kindernest“, eine Spielgruppe mit 15 bis 20 Kindern.
Mittlerweile betreute Rosi schon 222 Tageskinder! Leider waren darunter zu Rosis Bedauern nie Zwillinge. Aber ihr großer Wunsch, das Kind eines ehemaligen Tageskindes zu betreuen – also eine „echte“ Tagesoma zu sein – ging in Erfüllung!
In den 32 Jahren ihrer Tätigkeit als Tagesmutter hat Rosi viele Schicksale miterlebt, Trennungen ebenso wie Geburten von Geschwisterkindern, Geburtstage und Hochzeiten. Viele Betreuungen kamen durch die Vermittlung der BVB Zwettl zustande, wobei die Unterstützung der Eltern dieser Kinder bei der Erziehung besonders wichtig war. Für sie hat Rosi ganz selbstverständlich auch immer ein offenes Ohr und eine Tasse Kaffee.
Für alle ihre Tageskinder ist es Rosi wichtig, dass sie sich bei ihr angenommen und geborgen fühlen, sich in der Gemeinschaft individuell entfalten und nach ihrem eigenen Tempo entwickeln dürfen. Dazu stehen den Kindern ein eigenes Spielzimmer, ein großer Garten und viele Möglichkeiten für Kreativität, aber auch zum Zurückziehen zu Verfügung. Besonders bestaunt wird natürlich auch Rosis riesige Teddybären-Sammlung, die einmal 5.000 Stück umfasste, bevor einige Exemplare verschenkt wurden.
Ein ganz besonderes Anliegen ist Rosi aber das Lesen. 4.000 Bücher stehen in ihrem Wohnzimmer und sollen die Kinder zum Lesen animieren, wenn Rosi gerade nicht selbst vorliest.
Rosi arbeitet zusätzlich einen Vormittag pro Woche in einem Spielwarengeschäft und betreut 7 Klienten als Erwachsenenvertreterin. Und ihr Elternhaus in Zwettl vermietet sie mit Begeisterung an Urlauber, wobei sie den persönlichen Kontakt und das Kennenlernen verschiedener Menschen besonders interessant findet. Heute freut sie sich auf die Ankunft einer Urlauberfamilie aus Finnland.
Zum Abschluss möchte ich von Rosi noch gerne wissen, welche Tipps sie für andere Tagesmütter hat und was aus ihrer reichhaltigen Erfahrung heraus das Wichtigste in dieser Tätigkeit ist. Rosi nennt ihre drei grundlegenden Prinzipien:
Flexibel sein – sich auf jeden Tag neu einlassen, die Dinge passieren lassen und nicht alles bis ins letzte Detail durchplanen.
Den Kindern Zeit lassen und dadurch Entwicklung zulassen!
Viel miteinander reden – mit den Kindern UND den Eltern. Viel vom Tag erzählen, denn dadurch wächst die Vertrauensbasis für alle.
Eine Frage liegt mir aber dennoch am Herzen: ob ihr nicht langweilig werden wird in der Pension? Aber auch darüber hat Rosi sich schon ihre Gedanken gemacht. Sie wird endlich Patchwork-Handarbeiten machen, reisen, natürlich lesen, im Garten arbeiten, viel Bewegung machen, für ihre Enkelkinder da sein und endlich spontan etwas unternehmen.
Als ich mich von Rosi, ihrer Familie und den Tageskindern verabschiede, begleiten mit noch die beiden „Therapiekatzen“ Rocky und Julia zum Auto. Natürlich in aller Ruhe und Gelassenheit, denn auch für sie scheint der Tag, wie für Rosi, 48 Stunden zu haben.
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